Bürger:innendienst

Vom Militärdienst für einige zum Milizdienst für alle

Der verstaubte Militärdienst braucht ein Update: Mit dem Bürger:innendienst erhält der Zivildienst dieselbe Stellung wie der Militärdienst und Frauen dieselben Pflichten wie Männer. Der Dienst soll des Weiteren für Menschen mit dem C-Ausweis offen sein.

Publication page image

WIESO BRAUCHT ES DEN BÜRGER:INNENDIENST?

Die allgemeine Dienstpflicht wird in letzter Zeit immer stärker verwaschen. Rund ein Viertel aller Stellungspflichtigen sind von vornherein untauglich und müssen auf einen alternativen Dienst im Zivilschutz oder auf das Zahlen von Ersatzabgaben ausweichen. Der Zivildienst steht ihnen als Alternative jedoch nicht offen. Dieser Umstand leuchtet nicht ein und schwächt das Milizsystem, da alle als untauglich eingestuften Männer weniger Einsatztage leisten müssen. Der Bürger:innendienst bietet die Lösung, welche das Milizland Schweiz stärkt und die Armee modernisiert. Der Bürger:innendienst umfässt Militärdienst, Zivildienst, Zivilschutz und weitere Milizengagement. Hauptsache, es handelt sich um einen uneigennützigen Dienst an die Gesellschaft. Alle Schweizer Bürgerinnen und Bürger erhalten die Pflicht von dieser breiten Palette einen Dienst zu absolvieren. Ja, auch die Frauen müssen ran, um gleiche Rechten und Pflichten für alle umzusetzen. Zusätzlich soll der Dienst auch Menschen mit der C-Bewilligung freistehen. Ein Viertel der Schweizer Bevölkerung besitzt keinen roten Pass, dennoch gehören sie zu unserer Gesellschaft. Das Prinzip «einer für alle und alle für einen» wird gestärkt, indem wir diesen Dienst wirklich für alle öffnen, auch Ausländer:innen.

FÜR EINE ZWECKSMÄSSIGE ARMEE

Die Erfüllung der Armeeaufträge muss weiterhin gesichert sein. Der Bürger:innendienst kann dazu beitragen, dass der personelle Bestand der Armee erhalten und die Armeestrukturen modernisiert werden: Der klassische Militärdienst mit seinen starren Vorgaben taugt nicht dazu, die vielseitigen Skills in der Bevölkerung für das Militär abzuholen. Beispielsweise hat die Armee Nachholbedarf, wenn um den Schutz der Schweiz in der Cybersphäre geht. Ein:e gut ausgebildete:r Informatiker:in mit Asthma würde man im aktuellen System als untauglich eingestuft und nicht für den Einsatz gegen Cyberattacken zugelassen werden. Das ist verschwendetes Potenzial. Innerhalb der Armee gibt es verschiedene Tätigkeiten, mit denen ein beachtlicher Teil der Zivildienstleistenden keine Gewissenskonflikte hätte. Durch den Bürger:innendienst können solche Engagements, vom «klassischen» Militärdienst losgelöst, auch ausgewählt und angerechnet werden – zu Gunsten einer modernen Armee. Durch einen Bürger:innendienst steht der Militärdienst im Wettbewerb mit anderen Formen des zivilen Engagements. Um die Bürger:innendienstpflichtigen vom Militärdienst zu überzeugen, müssen längst überfällige Modernisierungen durchgeführt werden. Ein Ansatzpunkt wäre das Anrechnen von Diensttagen: Anstatt, dass ein 4 Stunden Diensttag und 20 Stunden Diensttag gleich angerechnet werden, könnte man jeweils 8 Stunden als einen Diensttag anrechnen. Durch solche Modernisierungen wird der Militärdienst attraktiv genug, um den personellen Bestand zu sichern. Bei einer stark veränderten Bedrohungslage soll es aber auch in Zukunft möglich sein, Dienstpflichtige für den Militärdienst zu verpflichten.

EINER FÜR ALLE UND ALLE FÜR EINEN!

Aktuell wird bei der Dienstpflicht nur eine Hälfte der Schweizer Bürger:innen in die Pflicht genommen, nämlich die Männer. Historisch hat sich dies so ergeben, da die Frauen traditionellerweise die Rolle im Haushalt innehatten, und die Männer für Einkommen und Sicherheit verantwortlich waren. Dieses Bild ist jedoch schon länger überholt — was sich auch in der Dienstpflicht manifestieren müsste! Mit gleichen Rechten kommen gleiche Pflichten. Darüber hinaus hat ein Bürger:innendienst, dadurch dass er mit gängigen Rollenbildern bricht, das Potential geschlechterspezifische Stereotypen abzubauen und die Gleichstellung in allen Lebensbereichen zu fördern. 24.9 % der Schweizer Wohnbevölkerung hat keinen Schweizer Pass. Die ständige ausländische Wohnbevölkerung profitiert auch von den Diensten, welche in einem Bürger:innendienst geleistet werden. Deshalb sollte diese Bevölkerungsgruppe nicht vom Dienst ausgeschlossen bleiben. So sollte der allgemeine Bürger:innendienst langjährigen Einwohnern der Schweiz ebenfalls offenstehen. Diese Ausländer:innen sollen damit auch bessere Voraussetzungen für eine Einbürgerung erhalten. Der Militärdienst hat den Ruf ein Schmelztiegel der (schweizerischen männlichen) Bevölkerung zu sein und alle möglichen Gesellschaftsschichten, sowie Sprachregionen zusammenzuwürfeln. Mit der Zulassung für Ausländer:innen zum Bürger:innendienst kann man auch hier Durchmischung, Integration und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit fördern. Zudem würde es den Bestand von Hilfskräften bei gesellschaftlichen und sozialen Bereichen erhöhen.

FÜR DAS GEMEINWOHL

Ein allgemeiner Bürger:innendienst käme dem Gemeinwohl zugute. Bereits heute leisten Militär‑, Zivildienst- und Zivilschutzleistende einen grossen Beitrag an unserer Gesellschaft. Insbesondere im sozialen Bereich sind Zivildienstleistende nicht mehr wegzudenken. Mit einem Bürger:innendienst könnten wir die bereits vielfältigen Einsatzbereiche noch weiter ausbauen. Konkret sind denkbare Engagements im Bevölkerungsschutz, welcher heute die Feuerwehr, Rettungsdienst, technische Betriebe sowie den Zivilschutz beinhaltet. Ausserdem sollen politische Mandate auf kommunaler Ebene ebenfalls als Bürger:innendienst taxiert werden können. Mit dem Einbezug von politischen Mandaten auf kommunaler Ebene zum Beispiel kann man kleinen Gemeinden helfen, welche Mühe bekunden genügend Gemeinderäte zu rekrutieren. Da in vielen Tätigkeitsfeldern im Bürger:innendienst die physische Fitness nicht zentral ist, könnte man das maximale Dienstalter anheben. Dies würde die Flexibilität der Dienstpflicht erhöhen. Ausserdem stellen Einsätze im Alter über 35 Jahren eine gute Abwechslung dar und könnten auch von den Dienstleistenden als positiv empfunden werden.